SIGINT09 - final8
SIGINT 2009
22. - 24. Mai, Köln
Speakers | |
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classless Kulla |
Schedule | |
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Day | The Future of Everything - 2009-05-24 |
Room | Vortragsraum (MP6) |
Start time | 16:00 |
Duration | 01:00 |
Info | |
ID | 3203 |
Event type | Lecture |
Language used for presentation | German |
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Das Snafu-Prinzip
Wie Hierarchien Kommunikation verhindern
“Mit dem Akronym der beliebten US-Army-Diagnose »Situation normal all fucked-up« hatte Robert Anton Wilson einst beschrieben, wie die Kommunikationsstrukturen in vertikalen Organisationen arbeiten. Aus Angst wird in der Rangordnung von unten nach oben positiv ausgefiltert, also gelogen. Je weiter oben sich jemand in der Prestigepyramide befindet, desto verzerrter wird sein Bild von der Welt; wird ihm das klar, kann er es trotzdem kaum abstellen und verfällt der Paranoia. Populäres Beispiel für Snafu ist der über 100jährige Großkapitalist Monty Burns bei den »Simpsons«, dem von seiner Umgebung nur untertänigst begegnet wird und der in einer immer schrulligeren Welt voller Oldtimer und verblichener Präsidenten lebt.”
Aus dem “Phrasenprüfer”
Autorität ist, wenn keiner an der falschen Stelle lacht. Hierarchie macht sich unangreifbar, will geschlossen wirken. Im Abschluß gegen Kritik lauert jedoch der Wirklichkeitsverlust. Wer den Eindruck vermittelt, nur Genehmes hören zu wollen, wird weniger über die Außenwelt wie auch über sich selbst erfahren. Kann er für nicht-genehme Äußerungen Sanktionen verhängen, verstärkt sich dieser Effekt. So sagt dem Kaiser in Andersens Märchen niemand, daß er eigentlich nackt umherläuft.
Jede Hierachie, wie flach oder informell sie auch sein mag, erzeugt dieses Kommunikationsdilemma, das die Diskordier als “Snafu-Prinzip” bezeichnen. Ein beträchtlicher Teil von Überwachung, Spionage, Befragung und Forschung dient dem Zweck, dennoch herauszufinden, was weiter unten in der Rangordnung gedacht wird.
Solange die Hierarchie nicht aufgegeben wird (oder nicht aufgegeben werden kann), solange für möglicherweise falsche Antworten der Ausschluß aus der Gruppe, der Partei, dem Verein oder dem Arbeitsmarktsegment droht, scheinen die einzigen wenigstens teilweise erfolgreichen Gegenmittel gegen den Snafu-Effekt in der Öffnung gegenüber Kritik von außen und in der Institutionalisierung interner Kritik zu bestehen. Was für Konsequenzen die Abschottung gegen Kritik haben kann, wird im Vortrag am Beispiel des Umgangs der Kommunistischen Parteien mit “Abweichungen” gezeigt.
Umgekehrt wird der Schluß nahelegt, in der Tradition von Heraklits “permanentem Streit” und des diskordischen “permanenten Widerspruchs” immer diejenigen am gründlichsten zu kritisieren, die einem am meisten bedeuten. Und sich für eine Gesellschaft ohne Herrschaft einzusetzen.