Event
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Day 3
Chatbots im Schulunterricht!?
Recorded
Ethics, Society & Politics
Was können die Tools wirklich, was machen sie mit der “Bildung”, und sollten wir dafür Steuergelder ausgeben? Spätestens seit dem Hype um ChatGPT werden KI-Tools als magische Technofixes für Lehrkräftemangel und soziale Segregation im Bildungswesen angepriesen. Mehrere Bundesländer haben zum Beispiel Flächenlizenzen für alle Lehrkräfte bei dem Hamburger Unternehmen "Fobizz" erworben. Das Unternehmen bietet auf Basis großer Sprachmodelle (meist GPT-3/4) und verschiedener bildgenerierender KIs eine ganze Reihe von Bots sowohl für SchülerInnen als auch für LehrerInnen an: Tools zur automatisierten Korrektur und Bewertung von Hausaufgaben, Chatbot-basierte individuelle Lern-Coaches, Avatare zur Gesprächssimulation ("mit Angela Merkel chatten"), oder Bots zur Erstellung von individualisiertem Unterrichtsmaterial. Wir haben das Fobizz-Tool zur automatisierten Korrektur von Hausaufgaben und Prüfungsleistungen detailliert unter die Lupe genommen. Funktioniert das wirklich? Wie wirkt sich das auf die Qualität des Unterrichts aus? Kann man LehrerInnen und SchülerInnen guten Gewissens darauf loslassen? – Unsere Antwort ist schockierend eindeutig: nein! Und es ist ein Skandal, dass Steuergelder dafür ausgegeben werden. Im Vortrag berichten wir von frustrierenden Irrfahrten wenn SchülerInnen den Korrekturen des KI-Tools folgen; von quasi ausgewürfelten Bewertungen (nach dem Motto: wenn dir die Note für diese Person nicht passt, drück einfach auf "re-generate"), und von der impliziten Botschaft an die SchülerInnen: Ihr müsst ChatGPT verwenden, sonst könnt ihr nicht gut abschneiden.

Im zweiten Teil unserer Studie haben wir systematisch mit LehrerInnen gesprochen und ihre Perspektive auf KI im Schulunterricht untersucht. Wir besprechen, wie dystopisch und fehlgeleitet es ist, die sozialpolitischen Probleme im Bildungswesen mit Techno-Tools zu lösen. Während in Großbritannien bereits “teacher-free” KI-Klassen als Pilotprojekt ins neue Schuljahr gestartet sind, scheint man in Deutschland zwar immer noch auf Lehrkräfte im Klassenzimmer zu setzen – doch die Signale der Kultusministerien sind eindeutig: Lieber den Lehrkräftemangel mit den Services privater KI-Unternehmen fixen als echte politische Maßnahmen durchzusetzen, die den Beruf erträglicher und attraktiver machen. Dass das Schulsystem über KI-Tools noch weiter an private Unternehmensinteressen gebunden wird, hat unweigerlich steigende Ungleichheit und Intransparenz zur Folge. Da aktuell weitere Bundesländer an der Schwelle stehen, Lizenzverträge mit KI-Unternehmen für Lerntools abzuschließen, steht mit diesem Thema einiges auf dem Spiel.

Unsere Studie zur "KI-Korrekturhilfe" von Fobizz kann hier runtergeladen werden: <a href="https://doi.org/10.48550/arXiv.2412.06651">https://doi.org/10.48550/arXiv.2412.06651</a>