21C3 Fahrplan Version 1.1.7
21st Chaos Communication Congress
Vorträge und Workshops
Referenten | |
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Frédéric Philipp Thiele | |
Hendrik Speck |
Fahrplan | |
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Tag | 1 |
Ort | Saal 1 |
Beginn | 11:00 Uhr |
Dauer | 01:00 |
INFO | |
ID | 153 |
Art | Vortrag |
Themenbereich | Society |
Sprache | deutsch |
FEEDBACK | |
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Suchmaschinenpolitik
Google is watching you!
Eine differenzierte Betrachtung des Suchmaschinenmarktes und dessen Politik. Zensur, Manipulation, Überwachung. Was ist aus den allwissenden Göttern unserer Zeit geworden? Gibt es Alternativen?
Suchmaschinen sind die Killerapplikationen des 21. Jahrhunderts. In unserer heutigen Informationsgesellschaft bieten Suchmaschinen wie Monopolist und Marktführer Google den bedeutendsten Dienst: Das schnelle Auffinden von Informationen. Ein Drittel der Bevölkerung sucht täglich einmal oder mehrmals auf diesem Wege nach gewünschten Resultaten. Die größte Suchmaschine Google (über 60% Marktanteil) verzeichnet heutzutage über 200 Millionen Suchanfragen pro Tag. Suchmaschinen und die damit verbundenen Möglichkeiten der Wissensrecherche werden heute hoch gelobt. Eine kritische Betrachtung wird dabei meist vernachlässigt.
Dieser Vortrag soll eine differenzierte Betrachtung des Suchmaschinenmarktes und dessen Politik liefern. Globale Konsequenzen und die Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft werden untersucht und evaluiert. Früher kamen Leute mehr durch direkte URL-Eingabe auf Seiten, wogegen heutzutage die Nutzung von Suchmaschinen dominiert. Durch die zunehmende Popularität von Suchmaschinen tauchen vermehrt oft übersehende Risiken und negative Folgen auf.
Die großen Suchmaschinen agieren heutzutage weltweit und verfügen über Firmensitze in vielen Ländern der Welt. Dadurch sind sie verpflichtet, in jedem Land die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Oftmals werden diese Bestimmungen global umgesetzt, so dass weltweit alle User von einzelnen, lokalen Bestimmungen betroffen sind. Da alle großen Suchmaschinen ihre Hauptsitze in den USA haben, wird dem internationalen User damit praktisch von vorn herein das amerikanische Werte- und Rechtssystem aufgezwungen. Was in den USA demnach Recht oder Unrecht ist, wird auch für den Rest der Welt zu Recht oder Unrecht. Das Internet wandelt sich damit von einem nationalitätsfreien Raum zu einem Raum, in dem der Großteil aller nationalen Bestimmungen erfüllt werden muss. Problematisch ist dabei zusätzlich, dass diese Zensurmaßnahmen für den User nicht transparent gemacht werden. Dies wird an der Zensur von Suchergebnissen durch die Chinesische Regierung, sowie an der Zensur von Scientology feindlichen Seiten, oder rechtsradikaler Inhalte in Deutschland deutlich.
Eine Manipulation der Suchergebnisse geschieht aber auch auf eine andere Art und Weise. Durch die zunehmende Zahl von Usern, die durch Suchmaschinen an Informationen gelangen, gewinnt das Suchmaschinenranking einer Internetseite entscheidend an Bedeutung. So hat sich in den letzten Jahren ein ganzer Wirtschaftszweig mit Firmen gebildet hat, die Serviceleistungen zur Manipulation des Suchmaschinenrankings anbieten. Aber auch die Suchmaschinen selbst unterliegen dem Kommerzgedanken und verkaufen Werbung und Treffer in Ihren Suchergebnissen. Diese Faktoren zeigen deutlich, dass die Suchergebnisse der heutigen Suchmaschinen nur noch wenig mit dem ideellen Gedanken übereinstimmen, dem Benutzer die treffendsten Informationen zu der gestellten Suchanfrage zu liefern.
Im Internet findet ein schleichender Prozess statt, der zu einem Verlust der Privatsphäre führt, aber für den Normaluser nichts erkennbar ist. Durch die Bemühungen kommerziellen Anbieter auf die Bedürfnisse einzelne Usergruppen zugeschnittene Werbung und Produktempfehlungen zu realisieren, entstehen detaillierte Userprofile. Dies ermöglicht die fundierte Datensammlung und Analyse über Personen. Als zwei aktuelle Fälle sind die Suchmaschine A9 von Amazon und der E-Mail Service Gmail von Google zu nennen, die eine solche Erstellung von Userprofilen gezielt umsetzen und sich damit großzügig über Datenschutzbedenken hinweggesetzt haben. Solche weltweit agierenden Konzerne wie Amazon und Google verfügen damit über Daten von Usern aus der ganzen Welt.
Die Firmen geben an, ihre Informationen nicht an Dritte weiterzugeben, aber allein die bestehende Möglichkeit stellt eine beunruhigende Tatsache dar. Eine langfristige Garantie der Verhinderung von einer Fehlnutzung dieser Daten ist nicht gegeben. Durch neue Rechtslagen werden immer neue Ausnahmen geschaffen: Mit der den Bestimmungen des Patriot Act (Provide Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism), der als Folge der Anschlägen vom 11. September 2001 zur Bekämpfung des Terrorismus erlassen wurde, sind alle US Firmen dazu verpflichtet, auf Verlangen entsprechender Regierungsstellen, alle gespeicherten Userdaten an diese weiterzugeben. So haben FBI, CIA, etc. Zugriff auf umfangreiche Profile von einem Großteil der Weltbevölkerung. Selbst als Europäer muss man jetzt Angst haben, dass man bei der nächsten Reise in die USA wieder nach Hause geschickt wird, da das erstellte Profil vermuten ließe, dass man mit terroristischen Absichten einreisen will.
Diese Entwicklung stellt damit sogar einen Rückschritt dar, weil das Internet im Prinzip anonym und dezentral ist. Die aufgezeigten Entwicklungen zeigen aber einen deutlichen Trend zu riesigen personalisierten und zentralisieren Datenbanken mit datenschutzrechtlich zweifelhaftem Inhalt.
Weiterhin wird ein Überblick über Alternativen gegeben. An dieser Stelle sei z.B. die Open Source Suchmaschine Nutch erwähnt.