Geplant für Donnerstag: Nachruf auf Konrad Zuse
Ort und Zeit unbekannt
Referent: Till (Nachname unbekannt)
Till aus Dortmund wird am Donnerstag einen Nachruf auf Konrad Zuse halten. Sein Vortrag wird auf Leben und Wirken Zuses eingehen. Er wird Zuses erstes Patent darstellen und die Speicherbarkeit von Programmen diskutieren - zur Anschaulichkeit will Till auch einige Bauteile von Zuse-Computern mitbringen. Außerdem zeigt er ein etwa einstündiges Interview von Thomas Gottschalk mit dem "Erfinder des Computers", das der Öffentlichkeit bisher noch niemals in voller Länge zugänglich war.
Da wollte der Chaos Computer Club Konrad Zuse zum Ehrenmitglied ernennen, und der stirbt kurz vor dem Chaos Communication Congress 1995. Viel habe ich von ihm gehört und ihn ein paarmal persönlich erlebt. Im Sommer diesen Jahres sprach er auf der Internationalen Studentenwoche Ilmenau. Erfrischend jugendlich war sein Vortrag für die Studenten. Gelegentlich gab er seinem Simultanübersetzer mit spitzbübischem Lächeln den richtigen englischen Begriff an. Als Konrad einmal bemerkte, daß er auf englisch weitergesprochen hatte, wartete sein Publikum lachend schon eine Weile darauf, daß er es selber merkt. Er lachte mit dem Publikum.
Aufgewachsen in Berlin am Gleisdreieck mit Dauerblick auf die moderne, an ihm vorbeirasende Technik, baute er unter anderem einen Warenautomaten, der verschiedene Münzsorten erkannte. Das war eine Art Addiermaschine mit Spezial-IO.
Als er damals über die Entwicklung eines Rechenautomaten mit Freunden und Fachleuten sprach, rieten ihm fast alle davon ab und meinten, die Technologie der vorhandenen Rechenmaschinen sei aus Entwicklersicht am Endpunkt angelangt.
Er baute Speicher aus verschiebbaren Metallstreifen, die prinzipiell funktionierten, aber störanfällig waren. Dann folgte sein Relaisrechner mit Keilriemenantrieb. Diese mechanische Trennung von der damals wenig stabilen Stromversorgung schützte die Relais vor fehlerhaftem Abfallen bei Brown-Out, einem kurzzeitigem Stromausfall. Außerdem konnte durch ein anderes Keilriemenübersetzungsverhältnis der CPU-Takt verändert werden. Denn je besser die Relais zeitlich harmonierten, desto schneller und fehlerloser lief seine Relais-CPU.
Ein Informatiker von heute muß sich vor Augen halten, daß dieser Mann Hardware, Maschinenbefehle und Hochsprache selbst erdacht und gebaut hat. Trotzdem war er sich der Grenzen seiner eigenen Denkleistung bewußt. Vor einigen Jahren erlebte ich, daß ein Mann, der sich um Konrads Hardware kümmert, freudig mitteilte, er habe eine Kontaktwaage für Relais, die für Reparaturen an der Z3 im Museum hilfreich sein könne. Konrad winkte ab und meinte, einen Relaisfehler anhand des Schaltplanes oder des Logikplanes zu finden, sei ihm zu mühsam gewesen. Er habe im Fehlerfall alle Relais der Reihe nach mit dem Daumen geprüft, das ginge schneller.
Nach seinem Vortrag diesen Sommer in Ilmenau kamen ein paar Studenten zu ihm und baten ihn um Signaturen auf Laptop und Maus. Die Maus in der Hand betrachtete er eine Weile, bis er wußte, was das war, und dann signierte er.
Schon vor der Wende war Konrad Zuse in Ilmenau. Bei diesem Vortrag berichtete er auch von der Zeit nach 1945 und vom Verstecken seines Rechners in einer Scheune. Auf die Frage, ob er keine Angst gehabt habe, daß die Russen das Ding mitnehmen, meinte er "Nein". Denn die Russen hätten das eh' nicht verstanden und deshalb stehen gelassen.
Konrad Zuse hat wohl nicht erfahren, welchen SED-Ärger diese bruderunfreundliche Äußerung anschließend denen machte, die ihn eingeladen hatten.
Zur Anerkennung im Osten gehörte Ignoranz im Westen.
Erst 1962 wurde er jenseits des großen Teiches anerkannt. Seine offene und nicht eitle Art, die Freude an Erkenntnis und der Spaß daran, Wissen weiterzugeben, bleiben denen, die unmittelbar interaktiv erlebten, im Gedächtnis erhalten.
Nutzen wir wenigstens die Möglichkeiten der Speicher- und der Kopiertechnik, um die Erinnerung an solche Menschen abrufbar zu machen für Generationen nach uns, die keine Chance mehr haben, mit Konrad Zuse leibhaftig zu kommunizieren.