[Chaos-Knoten]12. Chaos Communication Congress '95


Die Dritte Dimension

von Stefan Pernar[s.pernar@link-goe.zerberus.de]

Was Doom schon kann, daran basteln seriöse Entwickler erst: der Cyberspace beginnt erst da, wo auch in der dritten Dimension über das Netz vermittelt wird.

Beim dreidimensionalem Internet geht es darum, daß der Benutzer via Netz eine Verbindung zu einem Computer aufnimmt, der irgendwo auf der Welt die nötigen Programme den Rechner zu Hause überspielt - dann kann die Reise beginnen.

Um die zu übertragende Datenmenge bei der andschließenden Reise durch künstliche Welten möglichst gering zu halten, werden die dreidimensionalen Koordinaten und Oberflächen der einzelnen Objekte dem Benutzer nur einmal zugeschickt. Der eigene lokale Computer erschafft nun mit erheblichem Rechenaufwand (Raytracing, Texturemapping) auf dem Bildschirm des Benutzers eine dreidimensionale Welt. In dieser Welt kann man sich nun mit Hilfe der Maus fortbewegen und seine Umgebung erkunden. Um einen schnellen Bildaufbau zu gewährleisten, ist nach Auskunft des Referenten mindestens ein Pentium-Rechner mit 75 Mhz nötig.

Die Sprache, die verwendet wird, um solche Welten zu erschaffen, nennt sich VRML: Virtual Reality Moddeling Language. Zur Zeit lassen sich unter anderem die von Autodesk 3-D Studio und AutoCAD benutzten Formate in VRML konvertieren. Die einzige Ähnlichkeit mit seinem großen Bruder - HTML - besteht in den Hyperlinks (durch Anklicken aktivierbare Querverweise zu anderen VRML-Welten oder HTML-Seiten).

In die Welt des VRML kann außer durch die Interaktion mit den Hyperlinks niemand aktiv eingreifen. Anders ist das bei AVRML (Aktiv VRML) und einem Projekt der World Inc. in San Francisco, das sich Alpha World nennt. Bei AVRML handelt sich um eine Erweiterung von VRML durch Microsoft, die noch nicht realisiert ist. AVRML soll es dem Benutzer irgendwann ermöglichen, die Welt im Computer zu beeinfllußen und zu verändern.

Alpha World ist meiner Meinung nach die beindruckendste Möglichkeit, das dreidimensionale Internet zu erleben. Bei Alpha World handelt es sich um eine Virtuelle Stadt, die durch die Benutzer selbst gebaut wurde und ständig erweitert wird. Um an Alpha World mitzuarbeiten, braucht man allerdings ein Programmpacket mit der zunächst abschreckenden Größe von etwa 4 MB. Der Referent beschreibt den Einstieg in Alpha World folgendermaßen: "Man sucht sich ein freies Stück Wiese am Rand der Stadt, und erfüllt sich seinen Traum vom eigenen Haus.".

Von diesem Punkt der Diskussion an waren die Zuhörer voll dabei, stellten viele Fragen und verwickelten sich in Diskussionen über die Möglichkeiten und Nachteile von Alpha World. Alpha World biete z.B. die Möglichkeit, sich mit anderen 'Bewohnern', die man als Männchen in der Stadt umhergehen sieht, zu unterhalten - man schreibt eine Nachricht, die dann in einer Sprechblase über dem Benutzer erscheint. Im Moment ist der Zugang und der virtuelle Hausbau noch kostenfrei. In Zukunft könnte es allerdings so aussehen, daß an virtuellen Litfassäule recht reale Werbung zu sehen sein wird und in virtuellen Geschäften auf einfache Weise sein Geld loswerden kann. Sogar über virtuelle Agenten - keine Spione, sondern digitale Helferlein - und Casinos wurde in der Runde gesprochen.

Eine weitere Möglichkeit, das Internet in der 3. Dimension zu erleben, ist ein Spiel, das zur Zeit beim Doom-Hersteller ID-SOFTWARE in Arbeit ist und voraussichtlich Mitte 1996 erscheinen wird. Bei diesem Spiel werden theoretisch unbegrenzt viele Spieler über den gesammten Globus verteilt die Möglichkeit haben, gemeinsam ein dreidimensionales Fantasy-Rollenspiel zu spielen.

An dieser Stelle noch ein Zitat eines Zuhörers: "Gibt es auch Waffen in Alpha World?" <Gelächter> "Naja, wenn die Leute da ein paar Tage zusammen rumlaufen, wird es bestimmt Streit geben."

Obwohl die Verbindung zum Internet nicht zustande kam und der Referent nicht den Eindruck machte, viel von der Technik zu verstehen, war die Veranstaltung interresant und informativ.

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ALPHA WORLD
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Michael Rademacher, 28.12.1995
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