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Was ist OS/2?

Das 32-Bit-Betriebssystem

"Warp" klingt wie ein Computerspiel, ist aber das ausgefeilteste PC-Betriebssystem, das derzeit für Geld zu haben ist. OS/2 integriert verschiedene Anwendungen, verknüpft sie untereinander und stellt mehrere Betriebssysteme in einem zur Verfügung.

In eigenen Fenstern - "Tasks" - können DOS-, Windows 16- und 32- Bit- (bis Version 1.1) und OS/2 16- und 32-Bit-Programme laufen. Jeder Task ist autonom und darf abstürzen, wobei jeweils nur ein einzelner Task abstürzt. Das ganze System stürzt - zumindest in der Theorie - überhaupt nicht ab. Alles andere lohnt einen Bugreport.

Daher können mehrere Windows-Sitzungen auch in einem jeweils eigenen OS/2-Fenster ablaufen. Stürzt eine dieser Sitzungen ab, so laufen die anderen Sitzungen unbeeinflußt weiter. Dieses bedeutet für die großen Dateien oder neuen Programmversionen unter Windows einen immensen Vorteil. IBM nennt sein Betriebssystem OS/2 deswegen "Das bessere Windows als Windows'.

Für DOS-Programme verhält es sich ähnlich: Stürzt die Software ab, ist es möglich, in anderen Tasks weiterzuarbeiten. Der Absturz wirkt sich demzufolge nicht auf das gesamte System aus.

OS/2 stellt dabei ein Multitasking zur Verfügung, in dem mehrere Tasks gleichzeitig abgearbeitet werden und nicht in einem Pseudo-Multitasking wie bei Windows.

Das gilt nicht nur für das Multitasking. Wer mit Netzwerken oder vielen Treibern unter DOS arbeitet, kennt das Problem: Der Speicher unter der magischen 640 KB-Grenze reicht oft nicht mehr aus. OS/2 integriert die Treiber in das Betriebssystem und stellt sie unter DOS fast ohne Speicherverlust zur Verfügung.

Überhaupt scheint Speicher für OS/2 kein Problem zu sein: Vier Gigabyte können ohne Probleme linear adressiert werden. Der Speicher für DOS-und Windows-Programme ist der Kompatibilität zu 16-Bit zuliebe auf 512MB pro Session begrenzt.

So viel Technik, doch was nützt sie, wenn keine Anwendungen existieren? Ein beliebter Kritikpunkt an dem seit 1984 existierenden Betriebssystem. Mit dem mitgelieferten Bonuspack kann allerdings jeder unverzüglich mit der Arbeit beginnen:

IBM-Works bietet eine komplettes integriertes Paket inclusive Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbank, nicht zu vergessen PIM, den Personal Information Manager. Mit diesen Werkzeugen bedarf es bei der Erstellung von Serienbriefen keiner Tastatur mehr, außer zur Texteingabe. Kein Ex- oder Importieren, sondern einfach ein Zusammenschieben und Ziehen von Objekten auf der Workplaceshell und das "Fallenlassen" auf dem Drucker.

Wem das nicht genügt, kann sich über das mitgelieferte Kommunikationspaket aus dem Internet via IBM zusätzliche Software beschaffen. "Beschaffen" ist beinahe untertrieben, denn die Programme (z.B. der WWW-Client) installieren sich nach dem Laden selbständig und sind nach einem Neustart verfügbar. Updates von OS/2 sind immer noch erforderlich. Sie installieren sich automatisch bei Kontaktaufnahme zum Internet via IBM.

Wer's drin hat, hat folglich nicht nur mehr Technik drauf, sondern auch Programme. Wer nicht viel Geld für den Test zu kaufender Software ausgeben möchte, findet in Zeitungen wie OS/2-Spezial und Toolbox genügend Gelegenheit dazu. Auf den mitgelieferten CD-Roms sind zeitlich begrenzte oder in ihren Funktionen eingeschränkte Testversionen sowie die eine oder andere Vollversion wie z.B. AmiPro 3.0b und der IBM C++ Compiler.

Probleme gibt es beim Festplatten-Partitionieren und mit Hardware, die nicht exquisit ist. Warp ist so weit optimiert, daß es an die Hardware größte Ansprüche stellt, so daß ein Ausstieg bei nicht einwandfrei zusammengestellten Komponenten den Benutzer zur Verzweiflung treibt.

Dafür ist der Kernel (der "Kern" des Betriebssystem) gegenüber der Vorläuferversion OS/2 2.11 optimiert und schneller geworden. Doch auf der von IBM angegebenen Mindestkonfiguration mit einem 386DX-Prozessor und 4 MB Arbeitsspeicher läßt sich nicht arbeiten - zumindest nur unter hohem Zeitaufwand.

Es stimmt also: OS/2 hat Fehler; OS/2 braucht gute Computer, und selbst unter OS/2 können Programme abstürzen. Wer von den ewigen Meldungen von Schutzverletzungen unter seiner grafischen Benutzeroberfläche genug hat, im Hintergrund mit einem Modem arbeiten können oder seine Datenbank reorganisieren möchte, wird mit dem beliebtesten 32-Bit-Betriebssystem für PCs zufrieden sein.

Chris Vogel <c.vogel@link-goe.central.de>


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Stefan Kurtz,06.Jul.1995
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